Roland PA4 + PA4A Hammer Repair

Reparatur: Roland PA4 + PA4A Tastatur

Ein generelles Problem dieser Klaviaturen von Roland Digital-Pianos und Stage Pianos ist, dass der Kunststoff der Hämmer zu schwach ausgelegt ist und allein durchs Spielen die Metallgewichte irgendwann zusammen mit dem sie umgebenden Plastik abbrechen. Abgebrochene Hämmer sorgen dafür, dass die Tasten nicht mehr hoch kommen, sie hängen. Oft verklemmen die Hammerreste auch die Mechanik benachbarter Tasten. Die Instrumente sind teilweise älter als 20 Jahre, in der Regel haben nach soviel Zeit alle Hämmer mindestens Risse. Da es die nicht mehr als Ersatzteil gibt, im folgenden mein Ansatz für eine nachhaltige Reparatur.

Die PA4, bzw. PA4A-Tastatur wurde in folgenden Roland-Pianos und Keyboard-Workstations verbaut:

  • A90/A90ex
  • FP-1, FP-8, FP-9
  • HP-145, HP-147
  • HP-236, HP-237, HP-245
  • HP-330, HP-335, HP-530, HP-535, HP-550, HP-555, HP-730
  • HP-2800, HP-2880, HP-3800, HP-5700
  • RD600
  • XV-88

Eines noch – Roland hat in vielen dieser Problemtasten-Digital-Pianos (allen?) zur Pufferung des Speicherinhalts Kondensatoren verbaut, die irgendwann anfangen auszulaufen. Und wenn nicht die, dann aber nach und nach die kleinen SMD-Elkos auf dem Mainboard. Dabei richten sie Schäden auf der Hauptplatine an. Das ist nicht Thema dieses Blogeintrags, aber sollte Ihr Piano nicht nur mechanische Probleme haben, hier könnte der Hund begraben liegen. Ich schreibe hoffentlich noch mal was dazu, für ein anderes Modell habe ich das schon mal getan.

Vorbereitung

Meine Methode benötigt eine Flach- oder Spitzzange, einen Seitenschneider, (verkupferte) Büroklammern, Lötkolben und Lötzinn, Reinigungsbenzin, Zweikomponentenkleber und einen feinen Bohrer 1 - 1½ mm. Und eine Möglichkeit, die Hämmer einzeln aufrecht ablegen zu können, um mit einmal angerührtem 2K-Kleber möglichst viele bearbeiten zu können. Ich gehe hier ziemlich auf Nummer sicher, man kann sich möglicherweise den einen oder anderen Schritt sparen. Erfahrungswerte bitte in die Kommentare.

Aufmachen am Beispiel Roland HP-330

Zunächst wird der Stecker gezogen und das Piano geöffnet. Ich beschreibe die Prozedur vor allem anhand eines Roland HP-330, weil ich davon einige in der Werkstatt hatte und dokumentieren konnte (teilweise stammen Aufnahmen aber auch von der baugleichen Klaviatur eines A90). Beim HP-330 sind auf der Rückseite oben vier Schrauben zu lösen, dann kann man den Deckel horizontal vorschieben und abheben. Schrauben können Sie in Sortierkästen legen oder an den Lautsprechermagneten deponieren. Merken Sie sich gut, welche wohin gehören.
Jetzt wird der Rolldeckel herausgenommen. Dazu müssen in der Führung links und rechts die Verschlüsse abgenommen werden. Diese sind manchmal verklebt, manchmal verschraubt, manchmal beides. Später beim Wiedereinsetzen des Deckels auf Rechtwinkligkeit achten. Wenn Sie den Rolldeckel hochkant tragen wollen, achten Sie darauf, dass die Rollachse nicht rausrutscht (festhalten).
Nun die beiden Blenden links und rechts der Klaviatur ausbauen, sie werden jeweils mit einer Schraube von unten und von oben gehalten.
Als nächstes wird das Panelboard herausgeschraubt, Schrauben sind eine links und rechts sowie je zwei an Blechträgern im Pianoboden. Das gesamte Panel kann anschließend innen an der Pianorückseite abgelegt werden.
Abschließend die vordere Blende demontieren, dazu die Schrauben vorne an der Kante auf der Unterseite lösen. Bei manchen Pianos kann an dieser Blende noch eine Kopfhörerbuchse verschraubt sein, bitte aufpassen, dass beim Lösen kein Kabel abgerissen wird. Gleiches würde gelten, wenn Sie Ihr Stage-Piano-Modell nach Abschrauben des Bodens (z.B. A-90) aufklappen.

Die Klaviatur liegt frei.

Ran an den Speck das Fett

Nun müssen alle Tasten ausgebaut werden, wir fangen mit den weißen an. Legen Sie auf einen ausreichend großen Tisch ein großes altes Laken oder eine entsprechende Tischdecke. Die Tasten sind gefettet, dieses Fett sollte auch erhalten bleiben und wäre an ihrem Tisch jedenfalls weniger gut angebracht.

Die Tasten müssen an ihrem hinteren Ende mit der Zange leicht auseinandergedrückt werden, dann kann man sie aus ihrem hinteren Lager 1 - 2 cm herausheben, gerade nach vorn bewegen und anschließend gekippt herausnehmen. Legen Sie die Tasten in der richtigen Reihenfolge dicht nebeneinander auf den Tisch. Die schwarzen Tasten werden anschließend genauso demontiert und auf dem Tisch in die Lücken zwischen den weißen gelegt. Wahrscheinlich sehen Sie längst das ganze Elend.

remove Roland PA4 key

Das wird eine ziemliche Hammer-Reparatur

Nehmen Sie zunächst alle zweiteilig zerlegten Hämmer heraus und versuchen Sie, die Bruchstücke zuzuordnen. Achtung, es gibt zwei verschiedene Sorten für die weißen und schwarzen Tasten. Versuchen Sie auch hier, das Fett zu erhalten, sinnvollerweise reinigen Sie aber die zerbrochenen Stellen gründlich mit Waschbenzin. Bohren Sie wie im Bild ein kleines Loch in den ausgedünnten langen Teil, so, dass an der Stelle verzwirbelter Draht in die Senke gedrückt werden kann. Denn das ist die Krux – zum Wiedereinsetzen der Hämmer hat man leider nicht viel Platz, wir müssen so schmal wie möglich arbeiten.

repair Roland PA4A keybed

Durch dieses Loch führen Sie Büroklammerdraht (oder ähnlich stabilen) und bilden mit Durchführung durch das erste Loch des Metallteils eine Schlaufe. Mit der Zange wird der Draht nun vorsichtig so verdrillt (min. 1½ - 2 Umdrehungen), dass der abgebrochene Teil fest am anderen Teil sitzt. Beim Verdrillen die Zange so führen und nachfassen, dass der Draht nicht abbricht. Das muss man oft ein wenig üben. Enden anschließend abkneifen. Mit der Zange den Knubbel des verdrillten Drahts wie bereits beschrieben flach in die Senke drücken.

Wenn die Büroklammern verkupfert sind ist es nun kein großer Aufwand, diesen Knubbel mit dem Lötkolben zu verzinnen, damit sich hier nichts löst. Der Kunststoff schmilzt erst bei recht hohen Temperaturen und verträgt auch eine Weile die Hitze, die sich durch den Draht überträgt. Nichtverkupferten Draht kann man auch verlöten, aber es braucht etwas höhere Temperaturen und man sollte den Draht anschleifen. U.U. nochmals mit der Flachzange den Knubbel in die Senke drücken.

repair Roland PA4 piano keyboard

Abschließend Zweikomponenten-Kleber anrühren und die Risse so zuschmieren, dass ein dünner Film den Hammer neu umschließt. An den original dicksten Stellen gibt es hier dabei nur ca. 1 mm Spielraum, wenn überhaupt. Sie werden hier allerdings eher auf Tempo als auf Form achten. Im Zweifel kann man den ausgehärteten Kleber ja auch wieder abschneiden oder dünner schleifen. Den Hammer zum Trocken so aufgerichtet abstellen, dass der Kleber nichts anderes berührt, auch keine nachfolgend daneben gestellten Hämmer. Sorgen Sie für eine stabile Abstellmöglichkeit, das Hammergewicht ist wahrscheinlich oben und vielleicht kippt Ihr gesamter Ständer irgendwann um. Wenn das Piano direkt nebendran steht, kann man die Hämmer senkrecht in Lücken im Metallrahmen stellen, das ist recht stabil.

repair Roland PA4A piano keyboard

Sie sollten natürlich nicht jeden Hammer einzeln nach dieser Beschreibung behandeln, sondern gruppieren. Der zeitliche Falschenhals ist hier der zügig härtende Kleber. Nach meiner Erfahrung schafft man in einem Abwasch 6 bis 7 Hämmer. Wenn Sie mit den zerbrochenen fertig sind, schauen Sie sich unbedingt alle anderen an und bringen Sie etwas Zeit zum Weinen mit, auch darüber, dass Sie sich in Ihrem Jammer aktuell nicht traurig auf dem Piano begleiten können. Aber das ging ja vorher auch schon nicht wirklich. Wobei – traurig ging natürlich schon. Kopf hoch, bald geht alles wieder.

Zusammenbau

Jetzt sollten Sie sich erstmal einen Staubsauger nehmen und das Piano gründlich durchsaugen. Staub ist der verlässlichste Feind aller Tastaturkontakte, werden Sie ihn deshalb unbedingt los. Passen Sie aber auf, dass Sie keine Schrauben oder anderen losen Teile (Deckelverriegelung) einsaugen. Sollten bei Ihnen einzelne Tasten Kontaktprobleme haben (kein Ton, Ton immer auf Maximallautstärke, Ton nur bei sehr festem Anschlag), wäre jetzt natürlich der passende Moment, auch dieses Problem zu beheben. Schauen Sie mal in meinen Blogbeiträgen, da werden entsprechende Methoden beschrieben.

Anschließend die Hämmer wieder einfädeln. Manchmal passen sie wegen der neuen Dicke nicht oder nur schwer durch ihre Durchführung. Im Zweifel feilen, schleifen, hobeln. Wichtig ist, dass sie, einmal eingebaut, reibungslos schwingen können.

Bei den Tasten fangen Sie mit den schwarzen an. Die Tasten müssen horizontal von vorn nach hinten eingefädelt werden. In die hintere Führung werden sie einfach eingeklickt. Zumindest bei den weißen Tasten werden Sie häufiger Dreck sehen, vielleicht Staub, der am Fett hängen geblieben ist. Entfernen Sie auch diesen Staub. Fett ist an den Lagern und der Führung wichtig, an den Seiten der Tasten können Sie es abwischen.

Bauen Sie nun alle Teile in umgekehrter Reihenfolge wieder an, bzw. ein. Zack, fertig. [seufz]

Es ist leider eine sehr zeitraubende Aufgabe. Gehen Sie schrittweise vor. Ich hoffe, Sie können Ihr Tastenproblem lösen. Viel Erfolg!

 

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